Auf der großen Schlagerbühne – mit Andrea Berg auf Tour
Florian Lipphardt ist Lernender und Lehrender, ein Tastenmensch, der seinen Beruf mit Leidenschaft lebt und jede Sekunde genießt.
Sein Rezept, um vor großem und kleinem Publikum zu bestehen: Bescheidenheit, Bodenständigkeit, harte Arbeit und richtig guter Humor. Dabei war ein Musikpädagoge in ferner Vergangenheit nicht unschuldig an seiner (großen) Karriere.
Freitagmittag auf schwäbischen Äckern: Die Sonne scheint mit Kraft von einem strahlend blauen Himmel. Unweit eines Dörfchens rüsten sich hunderte Bands für einen Konzertabend, den es hierzulande in der Ausprägung selten zu bestaunen gibt. Schauplatz ist die mechatronik Arena in Aspach, Spielstätte des Drittligisten SG Sonnenhof Großaspach. Das ist zwar Profifußball, gefühlt aber kann man hier Fußball noch riechen, schmecken und fühlen. Kicken bedeutet auf diesem Geläuf auch ehrliche Arbeit. Aber heute muss das Runde in nichts Eckiges, denn in wenigen Stunden wird hier der erste Abend eines „Heimspiels“ der anderen Art starten: von und mit Andrea Berg, ein Live-Event gehobener Klasse. Auf Ohren und Augen gibt es eine herausragende Show mit Blick für Details. Geboten wird ein Spektakel der Superlative für begeisterte Fanscharen, inszeniert von einer perfekten Protagonistin und ihrer bemerkenswert guten Kapelle. Mittendrin einer, der im nahe gelegenen Stuttgart auch ohne Ausweis jeder Kontrolle gewachsen wäre und als Student durchmarschierte. Dabei hat Florian Lipphardt schon derart viel Erfahrung und Meriten angehäuft, dass es auch für zwei Leben reichen könnte.
Er empfängt uns – dem Wetter angemessen – in Badelatschen, mit einem freundlichen Lachen und festem Händedruck. Florian Lipphardt ist exakt der Typ, den man nach intensiver Fotorecherche im Netz auch vermuten würde: Sympathisch, offen, locker, der Kerl, mit dem man gerne um die Häuser zieht oder den man sich für eine Hüttenwanderung durch das Himalaya wünscht. Na denn, los geht´s, wir begeben uns direkt ins Epizentrum des zu erwartenden musikalischen Feuerwerks, das er als festes Mitglied der Andrea-Berg-Band in wenigen Stunden abbrennen wird.
An den Zäunen warten sie bereits, harren geduldig weitersteigenden Temperaturen, die treuesten der treuen Andrea-Berg-Fans, die extra zu diesem Event aus allen Teilen Europas angereist sind. Ihre Vorfreude ist spürbar, sie singen sich in Stimmung. Überhaupt ist die Atmosphäre an diesem Ort ungewöhnlich. Außerhalb von Aspach, selbst viel mehr Dorf als Stadt, liegt in einem Wäldchen ein um drei feste, immerhin überdachte Tribünen ‚gepimpter‘ Dorfsportplatz. Die Bühne, die sich hier auf der Gegengerade auftürmt, steht hingegen eher für internationale Ambition, weniger für lokalen, vielleicht dezent miefigen Schick.
Cateringpersonal und FOH-Team schwitzen ebenso wie die Lichtmenschen in der zweckentfremdeten Arena und die Sonne an ihrem höchsten Punkt ist nur der zweitwichtigste Grund für die heftige Helfertranspiration. Die Vorbereitungen laufen auf sprichwörtlichen Hochtouren, einige lokale Acts proben vor leeren Rängen, heute Abend werden sie den Massen einheizen, bevor Andrea Berg, die Grand Dame des deutschen Schlagers, die Bühne entert, um ihr „Heimspiel“ eindrucksvoll zu gewinnen.
Ein Schnipp und Florian Lipphardt ist sofort da. Beim Stage Talk erklärt er pointiert die Eigenschaften und Besonderheiten seines mit KORG Instrumentarium gespickten Setups. Er ist ein guter Erklärer, dieser Tastenliebhaber. Macht schon Sinn, dass er sich nicht nur auf beeindruckend großen und feinen kleinen Bühnen rumtreibt, sondern auch in Hörsälen sein mit Talent und harter Arbeit angereichertes Knowhow weitergibt. Der Keyboarder und Pianist, gleichzeitig auch Arrangeur und Komponist, hat ein selbstverständlich erfolgreich abgeschlossenes Studium der Schulmusik und Jazz/Pop an der Musikhochschule Stuttgart auf der Habenseite verbuchen können und die Ausbildungslocations nicht vergessen: Den jungen Herrn Lipphardt kann man sich als Dozent gut vorstellen – an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg und der Musikschule Horb durfte er das im Bereich Klavier auch sein.
Er, der sich im nächsten Moment im Umfeld dieser seit Jahren immens erfolgreichen Musikunternehmung Andrea Berg sehr bescheiden gibt und gerne von seinen Bandkollegen lernen möchte, ist beides: Lernender und Lehrender. Spannend.
Dabei ist Florian Lipphardt mit einer Referenzliste gesegnet, die Act für Act eigene Reportagen möglich machte. Zur Andrea-Berg-Musikantenschar gehört er nicht nur bei Heimspielen, sondern auch zu jeder anderen Gelegenheit. Mark Forster und DJ Bobo vertrauten auf seine Dienste, Acki Bosse und Vanessa Mai, deren Karrierestart als ‚Wolkenfrei‘ sich noch in zweifacher Männerbegleitung ereignete, wollten ihn an ihrer Seite und auch Max Mutzke klopfte einst an die Lipphardt’sche Tür. Die Liste geht weiter und weiter. Natürlich. Max Giesinger, Wincent Weiss, Marla Glen, Stefanie Heinzmann, Pia Douwes, Kevin Tarte, Paul Carrack – viel Prominenz und durchaus variantenreiche Spielarten. Für Florian Lipphardt ist dies mehr freudige Aufgabe, denn problematische Herausforderung. Bei seinem jüngsten Projekt stand Florian mit seinem KORG Setup sogar in der TV-Show „Win your Song“ vor der Kamera.
Es gibt eine Menge Themen für einen kleinen Schnack in VIP-Zusammenhängen. Nicht, dass es Florian Lipphardt oder die KORG-Crew an diese Orten zieht, es sind an diesem Tag eher pragmatische Gründe: Eine Sitzgelegenheit im Schatten und ein Kaltgetränk. Manchmal sind Menschen doch recht schnell zufriedenzustellen.
Florian, Deine Biographie ist aus künstlerischer Sicht immens beeindruckend. Kann man sagen, dass Du für die Bühne geboren bist?
Naja, das wäre vielleicht vermessen, aber Du hast schon auch recht: Die Musik ist eher zu mir gekommen, als ich zur Musik. Ich war ungefähr zehn Jahre alt, als ich irgendwie auf die Idee kam, vielleicht mal ein Instrument auszuprobieren. Witzigerweise hat mein Grundschullehrer für Musik damals ein Klavier verlost, weil er einige hatte und ich habe dieses Klavier gewonnen.
Dann lag es natürlich auf der Hand, sich auf die Suche nach einem Lehrer zu machen. Obwohl in meiner Familie nie einer wirklich etwas mit Musik zu tun hatte, ging das bei mir sehr schnell. Ich habe eine klassische Ausbildung bekommen, die einerseits schon hart war, klar, die mir aber auch sehr viel Spaß gemacht hat. Mit dem Schülerwettbewerb „Jugend musiziert“ habe ich tolle Erfahrungen machen können bis zu Teilnahmen auf Bundesebene. Da war also viel Freude dabei und zum Ende meiner Schulzeit hin war dann klar, dass ich meine musikalische Ausbildung auf breitere Beine stellen möchte. Das Lehramtsstudium war in dieser Hinsicht eine sehr gute Lösung. Ich wollte nie Lehrer werden, sondern vor allem diese vielschichtige Ausbildung absolvieren. Mit Abschluss des Studiums war meine weitere Entwicklung ein Selbstläufer, worüber ich sehr glücklich bin.
Dann hast Du Deinem Grundschullehrer also sehr viel zu verdanken, oder? Hätte er eine Tuba zu viel gehabt, würdest Du jetzt quasi Tuba spielen in der Andrea-Berg-Band?
(lacht). Ja, das war tatsächlich so. Ich war komplett ergebnisoffen. Ich fand Musik cool, hatte sehr viel Lust, selbst zu spielen, aber keine Ahnung, welches Instrument. Klar, Gitarre und Schlagzeug kamen auch infrage, aber durch meinen Grundschullehrer wurde es das Klavier.
Starke Geschichte. Hast Du noch Kontakt zu diesem pädagogischen Superhelden?
Nein, leider nicht. Ich hoffe sehr, dass er noch lebt, weiß es aber nicht, weil er damals auch nicht mehr der Jüngste war. Wahrscheinlich hat er meine Anfänge noch mitbekommen und hat bestimmt auch gespürt, dass ich mal professionell Musik machen werde.
Deine künstlerische Bandbreite ist bemerkenswert: viele Spielarten der Popularmusik, Klassik, Jazz, Theater. Ist es Dir wichtig, einen derart breit aufgestellten musikalischen Wirkungskreis zu haben?
Ja, unbedingt. Einerseits fordert es mich als Künstler natürlich technisch, andererseits gibt es den ganz praktischen Grund, dass es einfacher ist zu überleben, wenn man breit aufgestellt ist. Ich kann es nur empfehlen und lebe diese Bandbreite konsequent.
Das heißt, Du hörst auch privat sehr vielfältige Musik?
Ja. Sehr viel Klassik, ich liebe Gustav Mahler beispielsweise. Gleichzeitig TripHop, Rockmusik, auch HipHop und Techno. Meine Jugend war wild und von Slipknot geprägt. Heute kann ich sagen, dass meine Liebe zur Musik querbeet verläuft.
Begeistert Dich Musik dann eher handwerklich oder emotional?
Beides. Auf Produktion und Komposition achte ich schon sehr genau, ganz klar, im Bereich Schlager etwa. Das muss also nicht mal unbedingt diese superintellektuelle Musik für Musiker sein; die begeistert mich eher wegen ihrer Virtuosität. Es kann passieren, dass ich einen Song klasse finde, weil ich seine Struktur „gelesen“ habe oder weil er mich einfach, wie viele andere Hörer, auf der Gefühlsebene erwischt. Das passiert mir oft auch bei Schlagermusik.
Andrea Berg ist die bekannteste von einigen weiteren Künstlern in diesem Genre, die Du unterstützt. Nicht selten wird diese Musik von Beobachtern, Musikern und auch der Kritik nicht ernst genommen, handwerklich banalisiert, obwohl wir es mit dem Gegenteil zu tun haben: herausforderndem Handwerk und gleichzeitig immensem Erfolg. Wie erklärst Du Dir, dass Schlager mehr polarisiert als andere Genres?
Schlager ist sicher keine simple Musik, was tatsächlich viele Menschen unterstellen. Schlagermusik ist aus handwerklich-kompositorischer Sicht durchaus komplex. Klar, die Texte wirken häufig billig, aber sie holen die Menschen ab. Wir leben in einer schwierigen Zeit, in der die Gesellschaft gespalten ist, die negativen Nachrichten dominieren, auch Angst vor der Zukunft. Ich glaube, die Menschen können sich so gut mit der Schlagermusik identifizieren, weil es sie aus diesem oft sehr negativen Alltag abholt. Man feiert vom Anfang bis zum Ende im Schlager, von „Atemlos“ bis zur „Sommerliebe“ von Vanessa Mai, es gibt wenige traurige Momente.
Wie wichtig ist Andrea Berg Kontinuität in ihrer Band?
Sehr wichtig. Sie ist ein sehr familiärer Typ, deren Team ihr sehr viel Rückhalt gibt. Die meisten Leute hier sind schon zehn, manchmal auch zwanzig Jahre dabei, weil es diese Kontinuität gibt. Umso glücklicher bin ich, als Jungspund dabei sein zu dürfen. Ich bin toll aufgenommen worden und fühle mich sehr wohl in diesem Umfeld. Es ist auch sehr cool, dass ich mich künstlerisch mit Ideen einbringen darf. Man sitzt zusammen am Tisch und kann die Musik, die Show gemeinsam ausgestalten. Das funktioniert in dieser Form nur in einem sehr familiären Rahmen.
Eine Frage, die viele Laien umtreibt, wenn sie die Professionals beobachten: Üben die Jungs überhaupt noch? Übst Du noch?
Grundsätzlich hilft es sicher, dass ich eine klassische Ausbildung habe und keine popularmusikalische. Es war am Anfang schon so, dass ich mich über Herausforderungen weiterentwickelt habe: das Stück schaffen, dann das nächste, immer etwas schwierigere Songs. Heute wird die Zeit fürs Üben schon weniger, weil ich sehr viel unterwegs bin. Ich versuche aber, mir immer wieder Spots zu schaffen, weil gutes Spiel auch eine Frage der Mechanik ist. Das geht schnell verloren. Wenn ich ein halbes Jahr am Stück nur live gespielt habe, also schon alles bewegt, aber eben nicht weitergearbeitet, merke ich für mich schon eine Verschlechterung. Deswegen versuche ich mich stark zu disziplinieren und diese Zeiten zu haben, wo ich an mir arbeiten kann, angefangen mit ganz simplen Tonleitern.
Mir ist neben meinem eigenen Niveau aber auch der Sound sehr wichtig. Und natürlich die Technik. Mein Aha-Erlebnis war mit meiner ersten Band, wo unser Gitarrist mir sehr deutlich gesagt hat: „Flo, du spielst wirklich sehr gut, aber dein Sound ist scheiße!“ Von diesem Moment an war mir klar, dass ich meinen Sound entwickeln muss. Und diese Entwicklung läuft bis heute. Ich habe bei jeder Show, jeder Gelegenheit sehr hohe Ansprüche an meinen Sound. Deswegen spiele ich dann wohl auch KORG. Für mich ist der KRONOS wirklich das perfekte Tasteninstrument, weil er einfach alles kann und superzuverlässig ist. Du kannst mit dem KRONOS alles basteln. Das ist der Wahnsinn, welche Möglichkeiten in dieser Workstation stecken.
Zum Abschluss würden wir Dich gerne noch mit unserem „Entweder-Oder-Spiel“ konfrontieren und noch ein paar andere Facetten von Dir kennenlernen.
Du machst mich neugierig. Auf gehts…
Dorf oder Stadt? … Stadt | |
Tee oder Kaffee? … Kaffee | |
Grönemeyer oder Westernhagen? … Grönemeyer | |
Stones oder Beatles? … Beatles | |
Mathe oder Englisch? … Englisch | |
Queen oder Bundespräsident? … (lacht). Queen | |
Deutscher oder englischer Humor? … Deutscher | |
Vinyl oder Spotify? … Vinyl Was? Echt? … Ja! Unbedingt. | |
Karibik oder Allgäu? … Allgäu | |
Analog oder digital? … (lacht laut). Beides. Okay, geht nicht. Dann digital. | |
Bassist oder Drummer? … Bassist |