Christian Simbürger von der 2016er Siegerband „AberHallo“ und Nikolai Kaessmann von SchoolJam e. V. über Herzblut und schönen Stress
Christian Simbürger, ehemaliger Gitarrist der Band „AberHallo“ und Nikolai Kaessmann, 2. Vorsitzender von „SchoolJam e.V.“, gehörten viele Jahre zu den vielbeschäftigten Menschen bei der Vorbereitung. Auch wenn beide nicht an der Umsetzung einer neuen GroKo beteiligt waren, nicht bei der Fußball-EM 2016 spielten und auch kein Streusalz auf vereiste Straßen brachten, war und ist der Terminkalender beider „Musikherzensmenschen“ randvoll.
Der Sieg beim „School-Jam“ in 2016 hatte das Leben aller fünf Jungs von „Aber Hallo“ gehörig durcheinander gewirbelt und für einige Highlights in ihrer damals noch jungen Bandgeschichte gesorgt. Nach einer erfolgreichen und „geilen Zeit“ haben die Jungs im Januar 2020 beschlossen, das Kapitel „Aber Hallo“ abzuschließen. „Die Band war in den letzten fünf Jahren einer der wichtigsten Teile unseres Lebens und wir bereuen nichts! Wir haben uns verändert und die Band stand nur noch für das, was wir waren, nicht mehr für das, was wir heute sind. Deshalb haben wir uns entschieden, mit AberHallo aufzuhören.“, gibt der Leadsänger Elias König in einem Abschlussvideo allen Fans mit auf den Weg. Aber im Fall von „AberHallo“ bedeutet der Abschied glücklicherweise den Beginn von etwas völlig Neuem: seit Juli 2020 sind die „Boys back in Town“ und wollen mit ihrer neuen Formation „FLIMMER“ nicht nur die Regensburger Bühnen erobern. „Bevor ich euch glaub, glaub ich lieber gar nichts mehr“ – mit dieser Zeile machen „FLIMMER“ direkt klar, dass sie nichts schönreden wollen und ihre Musik zwischen Realismus und Emotionen einschlägt, wie eine Bombe. Christian Simbürger zieht als Gitarrist ebenfalls bei dem Neustart mit. Heute gehen wir einen Schritt in die Vergangenheit und werfen einen Blick auf die Wurzeln des Erfolgs- da, wo alles begann. Wie sich Christian „Chris“ Simbürger und Nicolai Kaessmann von „SchoolJam e.V.“ viele Jahre gemeinsam in die arbeitsintensiven Vorbereitungen des Schülerband-Festivals gestürzt haben und warum „SchoolJam“ auch heute noch immer wieder Herzblut fordert und fördert, erklären Chris und Nicolai in einem kurzen, elektronischen Tête-à-Tête.
Zunächst vielen Dank für Eure Zeit, das soll nicht unerwähnt bleiben. Chris, „SchoolJam“ ist bei jüngeren Zielgruppen sehr bekannt und erfreut sich einer immensen Beliebtheit, ältere Menschen können nichts mit dem Schülerband-Festival anfangen. Wie erklärst Du einem Unwissenden „SchoolJam“?
Chris:
„SchoolJam“ ist Deutschlands größter Nachwuchswettbewerb für junge Talente und ein einzigartiges Non-Profit-Projekt zur Förderung der Musik an Schulen und zur Nachwuchsförderung von Musikern. Acts aus dem ganzen Land haben hier die Möglichkeit, ihr Können vor einer Fachjury unter Beweis zu stellen. Der ausgeschriebene Preis: Die Siegerband darf sich unter anderem über einen Auftritt auf dem „Hurricane“-Festival und ein Probenwochenende mit Videocoaching bei Satis&Fy freuen. Alles in allem ist das schon eine ziemlich spannende Sache.
Nicolai, was unterscheidet „SchoolJam“ von anderen Contests?
Nikolai:
Zunächst einmal ist „SchoolJam“ ein gemeinnütziger Verein und wird zu 100 % aus Spenden finanziert. Dadurch ist die Teilnahme bei unserem Wettbewerb auch stets kostenlos. Es gibt bei uns eine Rundum-Betreuung und jede Menge Hilfen und Tipps für die Bands, sowohl auf wie auch hinter der Bühne. Jede Band, die sich aufrafft und bei uns teilnimmt, ist für uns schon ein Gewinner, auch wenn wir nicht alle einladen können. Als Hauptpreis gibt es schließlich keinen Plattenvertrag, sondern ein Coaching-Wochenende bei satis&fy, einen Auftritt beim „Hurricane-Festival und ein Studio-Wochenende in den High Tide Studios- unvergessliche Erlebnisse, die man als Erfahrung ein Leben lang mit sich trägt.
Mit Deiner Band „AberHallo“ warst Du 2016 Gewinner von „SchoolJam“, Chris; war dieser Moment ein Meilenstein in Eurer Bandgeschichte?
Chris:
Ja, das war sicher ein Meilenstein, der Gewinn hat uns als Band damals enorm geholfen und weitergebracht. Wir konnten fantastische Auftritte auf dem „Hurricane“-Festival und der Messe „Music China“ in Shanghai spielen. Auch medial hat uns dieser Sieg einiges gebracht. So waren wir zum Beispiel in der BR „Abendschau“ live im TV zu sehen. Angetrieben durch diesen Erfolg haben wir insgesamt drei Platten und viele weitere Singles veröffentlicht und zahlreiche Club- und Festivalshows in ganz Deutschland bestritten.
„SchoolJam“ ist längst eine Institution und steht primär für die Leidenschaft am Tun, dem Musizieren; spielt der kommerzielle Aspekt für die teilnehmenden Bands tatsächlich nur eine untergeordnete Rolle oder ermöglicht der Contest nicht auch Karrieren?
Nikolai:
Sicher kann die Teilnahme am Contest auch karriereförderlich sein. In unserer Final-Jury sitzen immer wieder auch namhafte Produzenten, und ich habe es schon erlebt, dass unsere Musiker direkt nach der Show zu einem Gespräch eingeladen wurden, aus dem auch schon ein Vertrag inklusive Platte und Tour entstand. Und aus einer Siegerband vor ein paar Jahren sind auch Profimusiker hervorgegangen, die später bei der Band Luxuslärm spielten. Das ist sicher mehr als nur ein schöner Nebeneffekt, aber in erster Linie geht es uns um die Breitenförderung und den Spaß an der Musik. Wenn die Kinder und Jugendlichen merken, wie fantastisch es ist, auf einer Bühne zu stehen, haben wir unser Hauptziel schon erreicht.
Ihr habt euch Beide stark im Rahmen von „SchoolJam“ engagiert; bitte erklärt kurz Eure Aufgaben?
Nikolai:
Die Vereinsvorsitzenden arbeiten ehrenamtlich. Das bedeutet, dass wir nicht nur in der heißen Phase unseres Wettbewerbs gerne sehr viel Freizeit dafür opfern. Unser 1. Vorsitzender Gerald Dellmann kümmert sich um den Kontakt mit den Schulen, bucht die Clubs und Hotels für die Crew, während ich mich um die Plakate, unsere Webseite und viel Kommunikation mit den Bands kümmere. Dazu kommen noch Gespräche mit unseren Sponsoren und die ganzen Kleinigkeiten zwischendurch. Zum Glück haben wir auch einige freiwillige Helfer und für die Tour mit unserem Bühnenchef Björn Bruns und früher noch mit „AberHallo“ eine fantastische Crew. Dadurch können wir uns währenddessen um die Vorbereitung der Online-Votings und des Finales kümmern, das in der Regel auf der Musikmesse in Frankfurt stattfindet. Und ich lasse es mir nicht nehmen, wenigstens ein paar der Tour-Konzerte auch zu besuchen und mir die Bands live anzuhören.
Chris:
Als Gewinnerband 2016 hatten wir in den vergangenen Jahren angeboten, die Regionalfinalentscheide als Special Act sozusagen zu begleiten. Auf der Tour hat sich für uns schnell herauskristallisiert, dass wir den aktuellen Wettbewerbsbands mit ganz viel Herzblut das geben wollten, was wir selbst von „SchoolJam“ in unserer Anfangszeit bekommen haben. Wir waren für die Durchführung der Regionalentscheide zuständig, mit allem was dazugehört. Das ist in relativ kurzer Zeit schon sehr viel organisatorische Arbeit und auch Rumreiserei.
„SchoolJam“ hat auch einen pädagogischen Ansatz, eine starke soziale Ambition. Welches Potenzial hat Musik für Jugendliche abgesehen vom reinen, passiven Konsum aus Deiner Sicht, mit Deiner Erfahrung?
Chris:
Ich bin davon überzeugt, dass Musik immer große Chance beinhaltet. Wenn man in die glücklichen Gesichter der Kids sieht, wenn sie von der Bühne gehen, weiß man, dass Musik viel mehr bewirken kann, einen Unterschied macht. Wir von „SchoolJam“ haben es uns zum Ziel gesetzt, die jungen Menschen zum Musizieren zu bringen und auch dabei zu halten. Musik kann den Kindern und Jugendlichen ein Ventil geben und Sprache werden, um sich selbst, die eigene Welt, die eigenen Gefühle auszudrücken.
Nikolai:
Das Spielen in einer Band fördert auf alle Fälle die Sozialkompetenz der Jugendlichen. Sie erleben komprimiert alle Probleme, die es beim Zusammensein auf so engem Raum nun mal gibt, und lernen diese zu lösen. Und sozialkompetente Menschen sind für die Gesellschaft immer ein Vorteil. Außerdem fördert das Musizieren unzweifelhaft die Kreativität und damit kommt man meist auch schneller zu eigenen Problemlösungen. Musik konnte schon immer helfen, sich auszudrücken, sei es im Liedtext, mit einer Melodie oder einem entsprechenden Groove. Daran hat sich nichts geändert und die „SchoolJam“-Teilnehmer zeigen uns das Jahr für Jahr sehr eindrucksvoll in den verschiedensten Musikstilen. Allerdings stellen wir fest, dass noch mehr junge Menschen die Möglichkeiten der Musik nutzen könnten. Und da wollen wir helfen.