Seine Kamera zeigt einen entspannt lächelnden Mann, den man mit seinen weichen Gesichtszügen eher Anfang seines dritten Lebensjahrzehnts verortet, denn zu Beginn des vierten. Daniel Pongratz aka Danger Dan hat unsere Interviewanfrage gerne zugesagt und nach wenigen Minuten ist klar, dass wir hier nicht nur einem der vielseitigsten Künstler unseres Landes überhaupt begegnen, sondern auch einem, der etwas zu sagen hat. Einer wie er schmückt mit seinem Tun und allem Beiwerk jedes Feuilleton. Nicht, dass er ein Podium zur Befriedigung etwaiger narzisstischer Gelüste bräuchte – Bescheidenheit und künstlerisches Genius verhindern dies. Es ist vielmehr so, dass alles, was an Themen die Oberflächen unserer Tische erklimmt, mit viel Tiefe und insbesondere Freundlichkeit besprochen wird. Eine Wohltat in Zeiten, deren Herausforderungen mitunter auch zu schwierigeren Verhaltensweisen führen. Nein, so ist er nicht, Gefahr steckt nur in seinem Namen.     

Über sein Aufwachsen spricht Daniel mit viel Liebe in der Stimme, Respekt und Dankbarkeit. Seinen Eltern kommt in seinem Leben und dem seiner drei Geschwister tatsächlich die Rolle der klassischen Peers zu, wie Entwicklungspsychologen es nennen würden: Sie öffnen Welten, schenken Freiheit, begleiten, sind verständnisvoll und sehr gute Förderer. Menschlich, aber auch künstlerisch deutet schon früh vieles darauf hin, dass aus Daniel irgendwann Danger Dan werden wird, zu groß die Liebe und Offenheit für Musik, zu offensichtlich auch das Talent und die Bereitschaft, sich künstlerisch zu entwickeln. 

HipHop, Rap, Punk, Reggae, Funk, teils massiv gelobhudelte Projekte wie Caught in the Crack, Cheer Up Trio, Jin Jin bis hin zum größten Erfolg, seiner aktuellen Band Antilopen Gang: Daniel Pongratz hat nur zwei Namen, aber viele (musikalische) Gesichter. Und alle seine Facetten sind künstlerisch ambitioniert, inhaltlich klug und von großer Relevanz – für die verbliebenen Feuilletons dieses Landes, seine taumelnde Gesellschaft und selbstverständlich alle Bühnen, die gerne großes Tun beherbergen. Wir sind stolz, einen begnadeten Musikanten und Storyteller wie ihn auf unserer Endorser-Liste führen zu können. Dass er sein Werk mit dem hübschen SV-2 schmückt, passt ins Gesamtbild. 

© Danny Kötter

Daniel, in Deutschland ist gerade der Winter eingekehrt; haben Jahreszeiten grundsätzlich Einfluss darauf, welche Musik Du hörst oder auch Deine eigene musikalische Produktivität?

Ja, das kann man schon so sagen. Das liegt aber eher nicht so sehr am Wetter, als denn an den Arbeitszyklen, die sich mit dem Herbst doch stark verändern. Dann sind die schönen Gigs im warmen Sommer vorbei, das Touren ist vorbei, es kommt schon ein kleines Loch. Ich kann für mich aber sagen, dass mit dem Herbst eigentlich nie Melancholie einkehrt, es ist eher so, dass ich kreativ werde. Ich verbringe doch sehr viel Zeit im Studio, entwickle Songs. Der Rhythmus meines Lebens als Künstler wird durch die Jahreszeiten beeinflusst, Stimmungen eher nicht, die haben alle Platz darin. 

Wie sieht ein Tag in Deinem Leben als Musiker aus?

Für viele Menschen klingt es bestimmt schräg, wenn ich als erstes auf diese Frage antworte, dass ich nichts klassisch Strukturgebendes in meinem Leben habe, keinen Rahmen wie Arbeitszeiten und sehr wenige Regelmäßigkeiten. Wenn überhaupt dann die, dass ich eigentlich immer produktiv bin, ich mache jeden Tag irgendwas. Und das, was ich dann tue, macht mir großen Spaß, es hat mich auch immer über Wasser gehalten. Klar, es gibt Termine wie jetzt unser Interview, für mich ist es aber eine große Freiheit, meinen Lebensunterhalt unter diesen Umständen verdienen zu dürfen. 

Hast Du nach all den Jahren, in denen Du Dein Geld mit Deiner Kunst verdienst, immer noch Momente, in denen Du grinsen musst, weil Du eben das genau tun darfst, was Du möchtest?

(lacht). Ja, absolut. Nicht, dass ich dauergrinsend durchs Leben laufe, aber es erfüllt mich mit großem Glück, dieses Künstlerleben führen zu können und auch erfolgreich zu sein. Es läuft alles sehr gut, Corona war für alle irgendwie ein Problem, aber ich habe keinen Grund zur Beschwerde. Ich kann das tun, was ich liebe mit den Menschen, die mir wichtig sind. In unserem Backoffice arbeiten nur Freunde – wo gibt es diese Umstände? Wer kann das von sich behaupten?

Mir hat vor ein paar Tagen noch eine befreundete Künstlerin ihr Leid geklagt, dass vieles sehr schwer geworden ist für sie. Mir tut es immer sehr leid, wenn ich davon höre, und es macht mich umso dankbarer für meine Situation. Das hält mich am Boden. Mir ist sehr wohl bewusst, dass dieser Erfolg eben auch von Faktoren abhängt, die ich nicht beeinflussen kann. Der Gefahr von Selbstverliebtheit erliege ich eher nicht, bei mir dominiert Dankbarkeit.

Fangen wir mal vorne an: Wann hast Du gemerkt, dass Musik eine wichtige Rolle in Deinem Leben spielen würde und warum war das so?

Ganz klar durch die Kindheit in meiner Familie. Wir haben zusammen Musik gemacht. Seit ich sechs Jahre alt war, habe ich Band geübt. Ich kann mich gut daran erinnern, dass mein Bruder Tobias und ich auf einer Weihnachtsfeier in der Schule „Let it be“ gespielt haben; ohne Gesang, aber mit allen Strophen. (lacht)

Dadurch, dass Musik ein selbstverständlicher Teil unseres Alltags war, bin ich ihr immer frei und nicht unter einem Leistungsdruck begegnet. Mir ging es nie um Wertungen wie gut oder schlecht, die Musik hat mir einen großen Raum geschenkt, in dem ich mich bewegen konnte. Und sie war in meinem Leben immer präsent. 

Das Klavier, mein Instrument heute, kam in der Musik, die ich cool fand, eigentlich nie vor, daher fand ich es phasenweise uncool. Lange konnte ich aber nie ohne sein und habe nach einer Pause wieder sehr schnell angefangen, zu spielen.   

Welche Art von Musik haben Deine Eltern gehört und bei welchen Bands, bei welcher Art von Musik hat es bei Dir geklickt? 

Meine Eltern haben tatsächlich eher rebellische Musik gehört. Da gab es schon die Beatles und auch die Stones, aber eben viele Künstler wie Ton Steine Scherben mit dem grandiosen Rio Reiser. Diese Musik schätze ich bis heute. Ich glaube, Ihr Einfluss war vielleicht gar nicht so entscheidend, was meinen Geschmack betrifft, sondern tatsächlich eher in der Hinsicht, die Du mit „Klick gemacht“ angesprochen hast. Dass Musik ein wichtiges Thema war, ohne dass es genervt hätte, ich glaube, das war so eine Art Klickmoment.

Über Deine Schulzeit an der Viktoriaschule in Aachen hast Du den grandiosen Song „Ingloria Victoria“ geschrieben, für den ich allen unseren geneigten Leserinnen und Lesern eine zwingende Hörempfehlung ausspreche. Was war im Heranwachsen wirklich wichtig, um Deine musikalische Identität zu entwickeln? Schule?

Also dieses altehrwürdige Gymnasium war es sicherlich nicht. (lacht)
Die Geschichte, dass die Viktoriaschule mich als prominenten Absolventen bei Wikipedia führt, stimmt aber. Tatsächlich war ich in elf verschiedenen Klassen, ohne auch nur eine davon abgeschlossen zu haben. Vorher war ich auf einigen anderen Schulen und das hatte einen Grund: Ich war ein ziemlich rebellischer Schüler, ein blöder, kiffender Jugendlicher, das Gegenteil von einfach. Ich hatte also durchaus meinen Anteil an einer nicht wirklich einfachen Schulzeit. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Das Leben war meine Schule. Meine Eltern waren damals natürlich schon besorgt, aber immer sehr verständnisvoll, sehr liebevoll. Sie hatten diese „mündige Masche“ und das hat auch funktioniert.

Damit ist Deine Frage aber noch nicht so richtig beantwortet, oder? Meine Kunst ist mehr eher zugeflogen, erarbeitet habe ich sie mir nicht. Sie kam aus anderen Quellen und viel war autodidaktisch geprägt. Heute bin sehr froh, dass ich mit so vielen richtig guten Künstlern Musik machen darf. 

Und Du bist selbst ein großartiger Handwerker… Daniel, lass‘ uns bitte kurz auf ein anderes Thema schauen. In der Geschichte der Musik gab es immer wieder Künstler, die große Verantwortung gefühlt haben für die Themen und Herausforderungen Ihrer Zeit und diese Verantwortung hat sich dann musikalisch artikuliert sozusagen – Bob Dylan ist sicher das Paradebeispiel dafür. Glaubst Du, dass etablierte Musiker in der Öffentlichkeit eine solche Verantwortung entwickeln müssen? Dass sie sich bestimmter Themen nicht enthalten sollten? Wie politisch muss Pop-Musik sein?

Eine spannende Frage. Ich bin der Meinung, dass wir Kunst nicht funktionalisieren sollten. Musiker sollten es nicht erzwingen. Wir sind dann gefragt, wenn aus Passivität in einer schlechten Situation quasi Beteiligung daran wird. Das gilt aber dann nicht nur für Künstler, sondern bestenfalls überall, auch für die Hersteller von tollen Keyboards und Synthies übrigens. Bevor wir zu passiv werden, sollten wir etwas tun. Spätestens an dem Punkt bringe ich mich auch ein. 

Diese Rolle für Künstler ist aber nicht alles. Auch wenn du ein herausragender Musiker bist, heißt es nicht, dass du etwas beitragen musst, vielleicht auch beitragen kannst. Es ist okay, komplette Gaga-Musik zu machen. Es ist okay, oberflächliche Themen zu haben. Es ist okay, einfach nur zu unterhalten.

Mir selbst geht es beim Songwriting in erster Linie um die Menschen und die Themen, die Menschen in dieser Welt bewegen.  

Kommen wir zu Deinem KORG Besteck: Du spielst ein KORG SV-2 S. Bitte erzähl mal ein bisschen: Was zeichnet das SV-2 speziell aus? Wie und wo setzt Du es ein?

Bevor ich Dir antworte, muss ich zuerst eine kleine Geschichte erzählen. Bevor ich bekannt war, habe ich in einer Reggae-Band gespielt und war dort auch von dieser puristischen Idee beeinflusst: Der Sound muss immer so organisch wie möglich sein! Also wurden Hammond und Rhodes im Original gespielt, auf einer Hammond und einem Rhodes. Auf der Bühne im Konzert supergeil, davor und danach eher nicht so, denn praktisch bedeutete das immer eine krasse Schlepperei. Die Dinger sind extrem schwer und wenn du sie spielen willst, musst du sie bewegen. Irgendwann habe ich mich also auf die Suche nach etwas gemacht, das leichter ist und möglichst nahe an die Originale herankommt. 

Und Du hast es schon verraten, ich spiele ein KORG SV-2. Neben dem schon angesprochenen Gewichtsvorteil hat es ein sehr gutes Spielgefühl, ein einfach strukturiertes Menü, ein geiles Design und beim Sound glaube ich mittlerweile, dass es nicht nahe am Original ist, sondern vielleicht sogar besser. 

Ein anderer Aspekt ist mir auch noch ziemlich wichtig: Zuverlässigkeit. Blöd ist es, wenn du erst mal so ein extrem schweres Rhodes auf eine Bühne gewuchtet hast und dann fällt es während der Show aus. Mit dem SV-2 bin ich sicher. Ich bin sehr glücklich, ein Instrument zu haben, dem ich vertrauen kann. 

Du spielst außer dem SV-2 noch eine RK-100S 2 Keytar, ein Umhänge-Synthie – das ist schon eher ungewöhnlich? Wer hat Dich darauf gebracht: Herbie Hancock oder Thomas Anders?

(lacht). Eher Herbie Hancock. Nein, ich brauche die Keytar für eine kurze Stelle im Live-Programm der Antilopen Gang. Eventuell bauen wir es im kommenden Sommer nochmal in die Show ein, dann aber eher in die Konzerte nach den Festivals. 

Kannst Du bitte noch kurz Deine Pläne für die Zukunft mit uns teilen? Auf was dürfen wir uns freuen?

Nach ziemlich turbulenten Jahren hatte ich mir eigentlich gesagt, es wäre gut mal ein bisschen zu chillen. Ich arbeite also definitiv keinen Fünfjahresplan ab, sondern habe meine Freiheit, die ich auch genieße. Aber: es wird eine Menge neuer Songs geben von mir und auch von der Antilopen Gang. Es passiert also doch viel, auch wenn ich chillen will.

Eine Frage, die wir immer wieder stellen, weil sie von Hobbymusikern eingefordert wird: Übst Du noch? Wenn ja, wie oft? Wie intensiv?

Wenn ein Album auf die Bühne kommt, bekomme ich Panik und übe gezielt. Sonst eher nicht. Aber ich spiele viel. Mir geht es darum, Spaß zu haben und zu spielen macht mir sehr viel Spaß. Auch Gitarre übrigens. Und neulich habe ich mal versucht, in einer Punkband Bass zu spielen. Wir haben das aber schnell wieder bleiben lassen. (lacht)

Und unsere spannende letzte Frage, die häufig überraschende Ergebnisse bringt: Ob Stream oder Tonträger, welche Musik hast Du zuletzt gekauft?

Das war die Platte “Ekundayo Inversions“ von EL MICHELS AFFAIR MEETS LIAM BAILEY. Ich mag es sehr, meine Freundin übrigens auch. Absolut empfehlenswert.  

Vielen herzlichen Dank für Deine Zeit, Daniel. Wir wünschen Dir alles Gute und viel Erfolg für alle Deine Projekte, auf den Bühnen der Republik und überhaupt im Leben.

Danger Dan spielt:

SV-2 SRK-100S 2

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner