DER MEISTER VON NEBENAN

Günter Werno verbindet erfolgreich musikalische Welten

Günter Werno ist einer dieser Menschen, mit denen man sich vom ersten Moment einer Begegnung an gut verstehen muss. Der fabelhafte Keyboarder, Komponist, Arrangeur und Musical Direktor aus der Pfalz strahlt diese innere Ruhe und Freundlichkeit aus, die man in unserem Alltag dieser Tage allzu oft vermisst. Kurz und gut: Einer fürs leckere Frischgezapfte oder einfach nur einen Tee im Sommer und im Winter, einer für die gemeinsame Mountainbike-Tour durch deutsche Mittelgebirge oder einer, der dir zum angenehmsten Mitmusikant in einer Band wird. 

Günter Werno hat als Tastenmensch über viele Jahre und insgesamt 14 Platten den Sound der erfolgreichen Progressive Metal-Band VANDEN PLAS mitgeprägt und weiterentwickelt. Er war diese treibende Kreativkraft für einige weitere, zum Teil mit Auszeichnungen bedachten Kapellen, er arbeitet über die Landesgrenzen hinaus als Musical Director für renommierte Häuser und Projekte, schreibt Rock-Opern und ganze Sinfonien und er präferiert KORG-Hardware. Fast schon zu viel Stoff für ein Gespräch, das am Ende dann auch deutlich länger dauerte, als ursprünglich geplant. Aber auch Flexibilität kann der im Saarland geborene Tastenmensch, die stilistische Bandbreite seiner künstlerischen Großtaten unterstreicht diese Behauptung eindrücklich. Und sei es die Gottesdienstbegleitung auf der ihm nahegelegenen amerikanischen Airbase Ramstein. 


Lieber Günter, wofür hat es sich heute Morgen gelohnt, aufzustehen?

Ich habe neue KORG-Instrumente aufgebaut (lacht). Wahrscheinlich sind da aber noch einige andere Dinge, die mir jetzt nicht so bewusst sind, für die ich aber dankbar bin. Und ich hoffe natürlich, dass noch mehr dazukommt heute.

Was brauchst Du für einen gelungenen Start?

Ehrlich gesagt bin ich schon länger keine Nachteule mehr. Ich stehe morgens recht früh mit meiner Frau auf, wir frühstücken, ich mache mir meinen Tee, setze mich in unseren Wintergarten und informiere mich über das Tagesgeschehen. Um 8:30 Uhr geht mein Leben mit Musik dann los. Es kann sein, dass ich Playbacks erstelle, selbst komponiere, es ist sehr unterschiedlich. In jedem Fall höre ich im Grunde den ganzen Tag Musik, dies aber nie nebenbei. Ich höre zu. Als Hintergrund geht Musik meiner Meinung nach nie. 

Du bist, sagen wir mal ein sehr vielseitiger Künstler; ist Dir das in die Wiege gelegt? Wann war klar, dass Du diesen Weg einschlagen würdest?

Eigentlich war das nicht vorauszusehen. Ich bin in einer bodenständigen Familie im Saarland am Rand einer mittelgroßen Stadt aufgewachsen. Mein Vater hat bei der Stadt gearbeitet, meine Mutter war Hausfrau. Musik war schon irgendwie ein Teil unseres Lebens in dem Sinne, dass wir viel gehört haben. Aber das hat nicht automatisch bedeutet, dass wir auch selbst Instrumente lernen. Es war in der 5. Klasse, als ich bei einem Freund eine Orgel entdeckt habe; ich kann mich bis heute noch genau daran erinnern, wie begeistert ich war. 

Wie ging es dann weiter? Und wie genau wurdest Du musikalisch sozialisiert?

Ich durfte dann glücklicherweise auch Orgelunterricht nehmen. Auch dort kam sofort Bestätigung, es hat mir großen Spaß gemacht, ich war gefangen von der Musik. Auf einem Geburtstag bei meiner Oma habe ich den „Schneewalzer“ gespielt und die Gäste waren begeistert; das war der nächste Klick-Moment, der mir gezeigt hat, dass ich Musik kann, dass ich Menschen erreichen und begeistern kann mit meiner Musik.

Und was Sozialisierung betrifft: Bei uns Zuhause lief Volks- und Schlagermusik, die mein Vater geliebt hat. Das war als Kind dann automatisch meine musikalische Sozialisierung (lacht). Wobei mir wichtig ist zu betonen, dass diese Musik mitnichten einfältig ist oder künstlerisch naiv. Für mich war die Welt dann aber recht schnell offen. Mit meinem ersten Instrument habe ich die Beatles entdeckt, dann LED ZEPPELIN und DEEP PURPLE. John Lord, der legendäre Pianist von DEEP PURPLE, der die Band auch mitgegründet hat, ist bis heute einer meiner stärksten Einflüsse. 

Was waren Deine ersten Erfahrungen mit eigenständiger Musik, Bandprojekte, erste eigene Songs?

Mit meiner ersten Orgel ging es auch los in einer Band; wir haben uns auf Santana-Cover spezialisiert. Mit 16 Jahren habe ich mit einem Schlagzeuger, der eigentlich Gitarrist war, als Duo Frohsinn auf Hochzeiten gespielt und auch dort wichtige Erfahrungen gesammelt. Deutlich ernsthafter wurde es dann mit der Band ROMEO, mit der wir durch Ami-Klubs hier in der Region getourt sind. Ja, und was kommt nach ROMEO? JULIET! (lacht)Das war wieder ein Schritt nach vorne, weil wir vor allem eigene Stücke gespielt haben und eine sehr gute Sängerin hatten. Mit JULIET hatten wir übrigens ein Angebot der legendären Dierks Studios in Köln-Pulheim (Dieter Dierks ist einer der Pioniere der Musikproduktion in Deutschland. Mit seinem Studio war er an der Produktion von mehr als 70 Alben beteiligt, die Gold- oder Platinstatus erreichten, unter anderem produzierte Michael Jackson bei ihm, Anmerkung der Redaktion), dort Musik aufzunehmen. 

1989 bin ich dann bei VANDEN PLAS als Keyboarder eingestiegen und damit war der Grundstein für das Leben als professioneller Musiker gelegt, auch wenn mir das zu diesem Zeitpunkt möglicherweise noch gar nicht so bewusst war. Seitdem sind 14 Alben entstanden, wir haben Tourneen in vielen Ländern gespielt, haben die Bühnen mit großartigen Bands teilen dürfen. Eine ziemlich coole Reise, für die ich sehr dankbar bin.   

Lass uns kurz zurück auf Deine Liebe zu Tasteninstrumenten blicken; warum Tasten? Waren es Keyboarder, die Dich begeistert haben?

Ich glaube tatsächlich, dass die Leidenschaft damals in der fünften Klasse geweckt wurde, als ich bei meinem Klassenkameraden die Orgel entdeckte. Aber ja, klar gab und gibt es Keyboarder, die mit ihrem Spiel meine Liebe und Leidenschaft verstärkt haben. John Lord von DEEP PURPLE habe ich ja bereits angesprochen. Wahrscheinlich ist er mein größter Einfluss in den vergangenen Jahrzehnten gewesen. Nennen möchte ich aber auch John Paul Jones, den Bassist und, das vergessen viele, Keyboarder von LED ZEPPELIN. Oder, sehr wichtig, Rick van der Linden, der Mastermind der Band EKSEPTION, der in seinem Leben und in seinen Projekten immer wieder auf sehr beeindruckende Art und Weise moderne Musik mit klassischer verband. 
Derek Sherinian muss ich nennen, der ein wirklich cooler Live-Keyboarder ist und einer in der illustren Reihe der DREAM THEATER-Keyboarder war. Dazu zählt auch Kevin Moore, den ich für den innovativsten Pianisten bei DREAM THEATER halte. Und natürlich habe ich auch einen deutschen Helden: Ich glaube, Reinhold Heil von SPLIFF und der NINA HAGEN BAND ist einer der profiliertesten Komponisten und auch Keyboarder, die wir haben.   

Dein Haupt-Genre korrespondiert mit großer Kreativität und Schaffenskraft: Die Welt der Sinfonien und (Rock-)Opern ist eine schillernde, eine opulente, eine Entdeckungsreise. Bitte nimm uns mal mit: Wie beginnt man eine Rock-Oper wie „Last Paradise Lost“ oder eine Sinfonie wie „Anima One“? Mit einer Idee? Tatsächlich mit einer Note? 

Ich starte immer am Klavier und es ist tatsächlich auch viel Rumprobiererei dabei. Oft landen Ideen über mein Iphone dann in Cubase, wo ich alles organisiere und konkretisiere. Ganz wichtig ist für mich, dass ich ein Ziel brauche, zum Beispiel einen Kompositionsauftrag. Das gibt mir die nötige Struktur und auch den nötigen Druck. Es gibt immer ein Abgabedatum, wenn wir zum Beispiel über eine Sinfonie wie „Anima One“ reden, und die muss ich natürlich einhalten. Das ist eine positive Form des Drucks, die ich brauche, weil sie mir hilft, bei aller Kreativität auch effektiv zu sein. 

„Anima One“ habe ich alleine komponiert. Es ist mein erstes Sinfonisches Konzert für Orchester und Rockband. Mit meinen Kollegen Stephan Lill (Gitarre, Komposition, Anmerkung der Redaktion) und Andy Kuntz (Gesang, Texte, Gesangsmelodien, Anmerkung der Redaktion) schreibe ich seit einigen Jahren Rockopern, wobei wir mit den Stücken „Abydos“, „Ludus Daniels“, „ChristO“, „Blutnacht“, „Everyman“ und „Last Paradise Lost“ nun bereits sechs Rock-Opern, Rock-Musicals und Rock-Oratorien geschaffen haben. Sie wurden alle erfolgreich in den Theatern in München, Kaiserslautern, Münster, Pforzheim, München und Innsbruck aufgeführt. „Last Paradise Lost“ feierte am 11. Mai 2023 Premiere. Aber es gibt bereits Interesse von anderen Theatern an unseren Stücken.

Im aktuellen Fall „Anima One“ war der Druck tatsächlich enorm, weil diese Sinfonie ein Auftragswerk der Stadt Kaiserslautern war und sowohl Veröffentlichungsdatum, als auch die Live-Premiere festgelegt waren. Ich habe also diese Sinfonie Stück für Stück entwickelt und zwischendrin immer wieder konkretes Feedback eingeholt von befreundeten Künstlern, aber auch den Musikern der Pfalzphilharmonie Kaiserslautern, die diese Kompositionen ja dann auch spielen sollten. 

Trotz allen Zeitdrucks habe ich mich durch verschiedene Themen und Stile treiben lassen. Dabei kamen mir meine Erfahrungen in der Theatermusik zu Hilfe. In diesem Genre habe ich schon häufiger den mir eigenen Progressiv Rock durchbrochen. „Anima One“ wurde so mein erstes sinfonische Konzert, dass ich dann am 13. Mai 2022 uraufführen durfte. 

Grundsätzlich ist das schon ein recht typisches Vorgehen. Bei diesen Großprojekten entstehen die entscheidenden Themen immer am Klavier und ich entwickle alles Stück für Stück weiter. 

Kommen wir zu Deiner Ausstattung: Du bist seit geraumer Zeit bereits KORG Endorser; warum?

Für das Endorsement bin ich extrem dankbar. Als Nutzer hauen mich verschiedene Eigenschaften eigentlich aller Keyboards und Workstations regelrecht um. Zuallererst der innovative Sound, die Einfachheit der Bedienung, obwohl wir es mit einem extrem vielfältigen und umfangreichen Instrument zu tun haben. Auch die Programmierungsoptionen und die hochwertige Verarbeitung. Ich glaube, man kann sagen, dass KORG es seit Jahrzehnten versteht, sich auf höchstem Niveau weiterzuentwickeln. Für uns Musiker ist das ein Glücksfall, weil wir gerade in Sachen Sound super-geschmackvolle Inputs bekommen. Und tolle Instrumente. 

Du bist mit KRONOS und seit kurzem auch mit dem Nachfolger NAUTILUS unterwegs; kannst Du bitte kurz skizzieren, was diese beiden dominanten Keys unterscheidet?

Der KRONOS war sehr innovativ, als er damals veröffentlicht wurde. Klar, es liegen jetzt mehr als zehn Jahre dazwischen, aber es ist den Entwicklern von KORG mit dem NAUTILUS wieder gelungen, innovativ zu sein, vor allem bei den Sounds und den Optionen der Programmierung. Beide Workstations geben mir im Studio und im Live-Einsatz sehr viele Möglichkeiten und etwas, das ich eben vergessen habe aufzuzählen: Absolute Zuverlässigkeit. Es gibt also nicht so viele Unterschiede, der NAUTILUS ist ein weiterer Entwicklungsschritt.    

Spielst Du eigentlich weitere Instrumente?

Sagen wir mal so: Ich weiß, wie ein paar Dinge funktionieren, aber wirklich spielen kann ich sie nicht. Als ich mit dem Orgelspielen begann, war ich 11 Jahre alt. Damals hatte ich die Geduld, die man braucht, um ein Instrument wirklich zu erlernen, es zu beherrschen. Geduld ist eine Eigenschaft, die mit zunehmendem Alter leider aus irgendeinem Grund abnimmt, jedenfalls ist das bei mir so. Heute bin ich 57 Jahre und habe nicht mehr diese Ausdauer; ich will direkt gut sein. Wahrscheinlich ist es so, dass Erwachsene gierig sind auf Fortschritt. (lacht)

Womit schaltest Du ab? Sport, aktiv oder passiv?

Ja, schon Sport. Ich mache Fitness und Spinning drinnen, sobald das Wetter besser ist, gehe ich auch draußen Fahrrad fahren. Das ist wieder so ein Altersding: Früher habe ich nicht so oft „Nein“ gesagt; ständig auf Tour zu sein, kann einen schon zu einer Menge Party verführen. Seit ein paar Jahren lebe ich sehr gesund: viel Sport, viel Schlaf, eine gute Ernährung.  

Last not least, was viele Hobby-Musiker immer wieder fragen: Üben Profis wie Du überhaupt noch?

Das ist tatsächlich eine interessante Frage. Dadurch, dass ich täglich mit Musik konfrontiert bin, ist dieses tägliche Tun wohl auch so eine Art Üben. Grundsätzlich übe ich aber nicht gezielt. Wenn ich am Klavier sitze, mache ich Fingerübungen. Vor Konzerten spiele ich mich immer auch warm. 

Günter, vielen Dank für Deine Zeit und die interessanten Einblicke. Alles Gute für Dich und alle Deine Projekte. 

Ich danke Dir. 

Günter Werno ist seit 1999 KORG ENDORSER und spielt:

KRONOSNAUTILUSTRINITYM3
SV-1microKORGmonotron

„Anima One“

Als Auftragsarbeit für die Stadt Kaiserslautern entwickelt und am 13. Mai 2022 mit sehr guten Kritiken uraufgeführt, ist „Anima One“ eine in der Tradition John Lords stehende Sinfonie mit verschiedenen stilistischen Elementen. Auf die Bühne gebracht wurde es von der Pfalzphilharmonie Kaiserslautern sowie der Band VANDEN PLAS. 

Verfügbar ist ein Mitschnitt des Abends über die bekannten Streaming-Plattformen oder als Tonträger (erschienen bei Frontiers Records).

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