Sein Name fällt zwangsläufig, wenn man mit Keyboardern über Sounds und deren Entwicklung, Innovation, Programmierung oder Unmöglichkeiten spricht, die dann irgendwie doch möglich wurden.
Jeder schwärmt von seiner Kunst, seinem Talent, seiner Passion sowie von seinem überragenden Handwerk. Kurt Ader ist mit seinem Unternehmen KApro seit Jahren eine Art Zentrum des gut inszenierten Tons, einer nahezu perfekten Soundreproduktion. Sein Betätigungsfeld ist so vielfältig und variantenreich wie seine Klientel exquisit ist.
Dass Kurt Ader trotz seines Status in heimischen Gefilden dennoch ungestört Semmeln kaufen gehen kann, ist kein unwillkommenes Nebenprodukt des international anerkannten Sounddesigners. Und wenn wir schon mit Reputation starten, die ist außergewöhnlich und wurde 2014 final veredelt. Zehn Berufskollegen aus aller Herren Länder waren nominiert, am Ende wurde Kurt Ader mit dem NAMM Award prämiert und darf sich Sounddesigner des Jahres nennen.
Große Leidenschaft und eine scheinbar nicht versiegende Neugier
Kurt Ader ist ein überaus freundlicher Mann. Er beantwortet elektronische Nachrichten schnell und präzise, er antizipiert die Bedürfnisse seines Gegenüber, nimmt sich viel Zeit für Fragen, die für ihn sicherlich keinen Debütcharakter mehr haben und er bedankt sich tatsächlich mehrfach und sehr aufrichtig für das Interesse an seinem Schaffen. Außerdem stellt er sofort klar, dass dieses Interview vielleicht mit ihm geführt wird, sein Unternehmen KApro mit Prof. Dr. Peter Jung, einem weiteren Sounddesigner, und Dr. Guido Bruck (Marketing) aber zwei weitere Protagonisten hat, deren Einsatz keinesfalls unerwähnt bleiben darf. Bemerkenswert.
Spricht man mit Kurt Ader über seinen Beruf als Sounddesigner, wird schnell klar, was die entscheidende Motivation für das eigene Tun ist: Große Leidenschaft und eine scheinbar nicht versiegende Neugier, Lust auf neue Projekte und Herausforderungen. Hätte man das vor knapp 40 Jahren ahnen können? Wahrscheinlich schon, alle Indizien jedenfalls sprechen dafür. „Ja, die Leidenschaft für Sounds war sehr früh da, im Grunde mit dem Kauf meines ersten eigenen Synthesizers, einem Minimoog. Ich habe sofort angefangen mit dem Tüfteln und konnte auch regelmäßig Erfahrungen in einem professionellen Umfeld sammeln“, erinnert sich Ader. „Als freier Sounddesigner zog ich durch viele Studios, übernahm schnell auch Jobs in der Industrie, beispielsweise Sequential Circuits. Ich habe auch für den Prophet 2000 und das Studio 440 Sounds geliefert. Später wechselte ich ins E-MU-Lager und entwickelte Sound für Vintage Keys Plus und andere.“
Kompromisslosen Konzentration auf KORG-Produkte
Was in Kurt Aders frühen Schaffensphase in Sachen Hardware wenig festgelegt begann, hat sich zu einer kompromisslosen Konzentration auf KORG-Produkte entwickelt. In dieser Hinsicht gibt es für den Künstler tatsächlich keine Alternativen. „Auch wenn ich mit den besten Produkten am Markt arbeiten wollte, war ich wirklich nie festgefahren, sondern immer sehr flexibel. Ich habe heute noch 44 Synthesizer in meinem Studio stehen, die allermeisten in Betrieb. Mit der ersten Berührung des OASYS aber war ich praktisch verliebt und mit KRONOS hat KORG eine Workstation entwickelt, die unübertroffen ist, es gibt einfach nichts Besseres.“
Aus der zerbrechlichen Phase der Verliebtheit hat sich für Kurt Ader längst eine feste, sehr loyale Beziehung entwickelt. Sound Libraries für den KRONOS sind sein Hauptfokus, da steht er mit seinem Namen und dem Namen seines Unternehmens für den ultimativen Standard. Noch immer frische Heldentat ist seine „Symphonic Dreams Complete 4“. Das ist eine Entwicklung, die einzigartig ist in Sachen Aufwand, Detailbesessenheit, Passion und natürlich auch Ergebnis. Hört man diese Library schließlich in der Praxis, bleibt auch dem Nichtfachmann der Mund offen stehen; auch wenn dieses Bild von einfachem Gemüt zu zeugen scheint, es ist stimmig. „Die ‚Symphonic Dreams Complete 4‘ war bisher meine größte Herausforderung. Ich liebe Orchester, da finden sich einfach alle meine Lieblingsinstrumente“, erklärt Kurt Ader. „Wir haben für dieses Projekt das Mannheimer Nationaltheater gebucht und die dort ansässigen Symphoniker als Basis genutzt. Von den Instrumenten der 32 Musiker haben wir jeden spielbaren Ton aufgenommen. Für ein einfaches Instrument wie beispielsweise die Zugposaune macht das bei dreieinhalb Oktaven insgesamt 44 Töne, bei Streichinstrumenten werden es noch einmal deutlich mehr.“
Es wird schnell klar, dass die durch diesen aufwändigen Produktionsprozess generierte Qualität und insbesondere auch Quantität durch ein Ausgabegerät umsetzbar sein muss. „Es gibt keine andere mir bekannte Workstation als der KRONOS, die diese Library darstellen könnte“, macht Ader noch einmal unmissverständlich klar. „Es sind bis zu 64 Samples pro Taste möglich, das ist einzigartig, im Grunde ist es fast kaum vorstellbar, dass man ein komplettes Orchester unter den Fingern hat und damit ein unfassbar vielfältiger, variantenreicher Sound zur Verfügung steht.“
Kurt Ader und Dream Theater
Die Reaktionen auf diese außergewöhnliche Kreation und signifikante Aufwertung des in Sachen Soundoptionen ohnehin besonderen KRONOS sind berechtigt und für Kurt Ader schöne Bestätigung für harte Arbeit. „Jordan Rudess, der Keyboarder von Dream Theater, hat mir gesagt, dass er so etwas noch nie gehört hat“, erzählt der Sounddesigner grinsend. „Sicher auch ein Grund, dass ich auf dem neuen Album von Dream Theater einige Sounds beisteuern durfte.“ Auch wenn Kurt Ader die KORG-Hardware mit dem KRONOS als Flaggschiff auf einem eigenen Niveau sieht, Ideen für die Weiterentwicklung gibt es noch immer. „Kein Zweifel, es wird immer weitergehen“, lacht er. „Es ist eine tolle Zusammenarbeit mit KORG, hier in Deutschland, aber auch international, wir stehen in ständigem Austausch.“ Und gibt es bei aufwändigen Projekten wie dem „Symphonic Dreams Complete 4“ niemals Probleme, Herausforderungen, Momente des Zweifelns? Kennt Kurt Ader Rückschläge?
„Ja, klar“, gibt er unumwunden zu. „Ausgerechnet das Cello hat mir nicht gefallen, das war schlimm. In der Gruppe in Ordnung, aber das Solo-Cello war einfach nicht gut.“ In Situationen wie dieser entscheiden sich Erfolgsmenschen instinktiv für die richtige Reaktion: Kämpfen, weitermachen, durchhalten. Immer wieder hört man vom Erfolg dieses Rezepts, auch bei Kurt Ader. „Ich gebe niemals auf, auch nicht beim Cello. Ich habe eine Cellistin aus China einfliegen lassen und ihr Spiel in meinem eigenen Studio zu dem bestehenden Sound gemischt und, siehe da, es war gut.“
Neutrales Musikhören vs. „Analyse-Automatismus“
Dass es für ihn als Sounddesigner tatsächlich auch einen unbesiegbaren Wermutstropfen im Job gibt, erschließt sich erst bei intensiverer Beschäftigung mit dem Phänomen dieses Berufs. Neutrales Musikhören ist für Kurt Ader schon lange nicht mehr möglich. „Analyse-Automatismus“ nennt er die Krankheit, die ihn als vorbereiteten, und damit bewussten Hörer oder auch unbewussten Konsumenten eines vermeintlichen Nebenbeimediums befällt. „Wirklich entspannen kann ich nur noch bei Musik, die ich lange kenne und verehre, etwa bei Genesis, Peter Gabriel, Yes oder Dream Theater, bei jedem anderen musikalischen Input, kann ich nicht hören, ohne zu analysieren, geht nicht!“ Leidtragende dieses Umstands ist insbesondere Kurt Aders Ehefrau, wie er zum Ende eines kurzweiligen Gesprächs erzählt. „Sie schafft es vielleicht zwei Mal im Jahr, dass ich sie ins Kino begleite. Ich schaffe es aber nicht, diesen Film auch nur ansatzweise zu genießen, was für sie wiederum nicht so schön ist.“
Wer jetzt auf die Idee kommen könnte, Kurt Ader verachtet Filmmusik, der liegt gründlich daneben. Wenn der Sounddesigner über Hans Zimmer spricht, sind die leuchtenden Augen über das gemeine Telefon ohne Bildgebung sichtbar. Über seinen Schmidt-Synthesizer nutzte auch Zimmer bereits Kurt Ader-Kreationen, der die Factory-Sounds für die legendäre Maschine entwickelte. „Das erste von insgesamt nur 25 Exemplaren steht bei Hans Zimmer und der Synthesizer wurde tatsächlich intensiv für den ‚Batman‘-Soundtrack eingesetzt“. Auf die Kollaboration von Kultregisseur Quentin Tarantino und dem zweiten Kompositionsguru der Filmgeschichte, Ennio Morricone, freut sich Ader sehr. Vielleicht eine gute Gelegenheit für seine Frau auf einen unbeschwerten Abend im Kino der Wahl. Der Titel des Werks, „The Hateful Eight“, suggeriert zwar nicht wirklich Frauenkompatibilität, aber es ist fest davon auszugehen, dass der Soundtrack ein bemerkenswertes Lebenszeichen einer Legende sein wird.