KingKORG NEO Workshop

KingKORG NEO ist ein kompakter Synthesizer, den Du leicht zu jedem Gig mitnehmen kannst, der aber auch im Studio eine gute Figur macht. Die Neuauflage des zuvor größeren KingKORG ist nicht nur ein besonders intuitiv zu bedienender, sondern auch sehr leistungsfähiger Synth mit vielen Optionen, um den Klang zu formen. Neben dem Manual kann Dir hierbei insbesondere der sogenannte Parameter-Leitfaden helfen, alle Funktionen zu verstehen. In diesem Workshop gehe ich auf einige interessante Sounddesign-Möglichkeiten des KingKORG NEO praxisbezogen ein. 

Die virtuell-analoge XMT-Klangerzeugung (eXpanded Modelling Technology) des KingKORG NEO bietet ohnehin schon verschiedenste Klangästhetiken und leichte Bedienbarkeit bei großer Flexibilität, doch Du hast noch mehr Möglichkeiten: Ein „Program“ kann auch aus zwei sogenannten Timbres A und B bestehen, die sich zu einem fetten Gesamtsound layern lassen. Dabei können bis zu sechs Oszillatoren gleichzeitig zum Einsatz kommen, um den Sound noch fetter oder komplexer zu machen. In jedem Oszillator hast Du 138 Klangoptionen der Kategorien Analog, PCM, DWGS – und zum Schluß noch die Mic-In Einstellung. So kannst du verschiedenste Klangkomponenten miteinander kombinieren. Gleich drei Displays und jede Menge LEDs helfen Dir bei der Bedienung und der Auswahl von Effekten und Sounds.

Fangen wir mit den Effekten an. Die drei Effektsektionen bieten auf sehr einfache Weise Möglichkeiten, Klänge aufzupeppen. So kannst Du zum Beispiel den ersten Sound („Program“ genannt – hier Prog 001 „Hello KKNs“), der Dich beim Einschalten des KingKORG NEO begrüßt, bearbeiten. Die verschiedenen Verzerrungsoptionen (z.B. Distortion, Decimator, Ring Mod etc.) im PreFX Bereich haben sehr unterschiedliche Klangeigenschaften. Wie gut das Ergebnis klingt und welcher Effekt passt, hängt natürlich auch vom Quellmaterial ab. Der „Hello KKNs“ Sound erinnert mich an einen (insbesondere bei Drum & Bass und Dubstep gerne verwendeten) sogenannten Reese-Bass (benannt nach Kevin Saunderson, rezitiert von Alex Reece), klingt aber noch etwas brav. Um ihn böser zu machen, habe ich in der Pre FX Sektion „Distortion“ ausgewählt. Ich finde, dass sich diese Verzerrungs-Option besonders gut für diesen Sound eignet. 

Ich habe den Drive-Regler unter dem Pre FX Wahlschalter voll aufgedreht, um in den Genuss der vollen Wirkung des Effekts zu kommen. Probiere es aus! Noch extremer kann das Ergebnis ausfallen, wenn die Timbres A und B des KingKORG NEO layert und übereinanderlegt. Eine solche Layering-Technik eignet sich natürlich für beliebige Soundkombinationen oder auch zur Bearbeitung des zweiten Programs (Prog 002 „Super Pad“). Schauen wir uns mal etwas genauer an, was dabei heraus kommen kann und wie das geht.

Sounds layern, User-Programs und Sound-Programme editieren

Beachte: Willst Du zwei Layer spielen, dann klappt das nur, wenn auf Page p03 der Voice-Mode auch auf „Layer“ eingestellt ist. Nur dann kannst Du die beiden Buttons Timbre A und Timbre B aktivieren. Wie geht das? Wähle das gewünschte Preset aus und rufe dann die entsprechende Parameter-Seite durch Drücken des Split-Buttons auf. Hier hast du die Wahl zwischen den Optionen Single, Layer und Split. Wähle „Layer“. 

Im „Single“ Mode ist immer Timbre A aktiv (und Ziel Deiner Edits), auch wenn der Button nicht leuchtet. Du kannst alternativ zum Layering die Timbres mit der Option „Split“ auf Deiner Tastatur verteilen – oder sie (von Parameter Page p04) gar mit zwei verschiedenen MIDI-Kanälen ansteuern. Wechsele mit dem Page +/- Tasten links neben dem unteren Display zwischen Parameter-Edit Pages. Diese sind nach Funktionsbereichen kategorisiert und werden Dir im Parameter-Leitfaden genau erklärt. Parameter-Page p01 erlaubt Dir das Umbenennen eines Programms, p02 definiert die Soundkategorie usw. 

Sounddesign-Strategien und Timbre-Parameter, INITPROGs

Im Layer-Mode sind beide Timbres auch dann zu hören, wenn nur ein Timbre-Button leuchtet. Dieser selektiert das Timbre, welches Du gerade editierst (bzw. zeigt es an) und für welches Du etwa Oszillator, Filter, Amp, Envelope- und LFO-Einstellungen vornimmst. Das kannst Du besonders gut austesten, wenn Du eins der 100 User-Programs mit Basis-Einstellungen auswählst. 

Generell empfehle ich zwei verschiedene Ansätze, um ans Sounddesign heranzugehen: Einerseits kannst Du mit einem einfachen Init-Preset starten, andererseits versuchen, einen komplexen Sound in eine gewünschte Richtung zu verändern. Du hast die Wahl zwischen 300 Programs, 200 davon sind mit Factory Sounds und 100 mit einfachen „Initialisierungs“-Presets namens INITPROG belegt, wie Du sie auch in anderen Synths oft findest. Von einem solchen, quasi „leeren“ Preset ausgehend kannst Du gut herumprobieren, wie alles funktioniert und eigene Sounds „from Scratch“ basteln. Das ist sehr hilfreich, denn nicht immer hört man, insbesondere beim Sound-Layering, alle Edits sofort heraus. Du wirst dabei gut heraushören können, dass Du für beide Timbres separate Synthesizer-Einstellungen vornehmen kannst. Beachte: Wenn Du mit Effekten arbeitest, musst Du in den drei Effektsektionen Pre FX, Mod FX und Rev/Delay erst durch Drücken des großen Knopfes den Effekt für Timbre A aktivieren, um überhaupt eine Effektwirkung in einem  INITPROG zu hören.

Im Blockschaltbild aus dem Parameter-Leitfaden ist das gut zu erkennen. Aber Achtung: Bei Änderungen der Klangquelle im Oszillator musst Du erst eine neue Taste spielen, um sie zu hören. Zudem hast Du bei den drei Effektbereichen keine eigene Einstellung pro Timbre, sondern wählst, ob der jeweilige Effekt auf Timbre A, B, keines oder beide wirkt. Auch das wird im Blockschaltbild sichtbar. Analog dazu kannst Du die Wirkung des Arpeggiators einem oder beiden Timbres zuweisen.

Das Timbre eines Programs in ein anderes kopieren

Willst Du beim Layering auf einen guten Sound eines anderen Programms zugreifen, das Dir besonders gefällt, dann nutze die Option zum Kopieren von Timbres, die Du in den Utility-Pages findest. So kannst Du zwei Lieblings-Sounds zusammenführen. 

Hier noch ein Tipp, wie Du schneller zur betreffenden Parameter-Page gelangst: Nach sechs p-Pages folgen 80 Synth-Pages s01-80, eine Vocoder-Page v01, zwölf Arpeggiator Pages a01-12 und am Ende die zwei besagten Utility-Pages u01 und 02, zu denen Du zum Kopieren des Timbres navigieren möchtest. Du kannst durch dauerhaftes Drücken der Page +/- Taster schneller durch alle Pages durchscrollen, doch befreit Dich KingKORG NEO üblicherweise auch noch anders von zu viel Sucherei: Wenn Du an Reglern drehst, springt die Anzeige voreingestellt sofort zu der zugehörigen Parameter-Page. Diese Funktion nennt sich „Page Jump“. Drückst Du auf den Arp-Knopf, landest Du kurz vor den beiden Utility-Pages. Nach ein paar Klicks auf die Page+-Taste kannst Du In der Utility-Page u02 (Copy Timbre) dann sehr leicht ein Quelltimbre auswählen und zu einem Ziel kopieren. Die beiden Timbres kannst Du dann unterschiedlich bearbeiten: So kann beispielsweise Prog „Super Pad“ zu einer Variante mutieren, bei der eine Fläche und ein Arpeggio gleichzeitig spielen, die beide dem gleichen Grundsound entstammen.

Du kannst die Page Jump Option auch im globalen Menü ausschalten, was nützlich ist, wenn Du Dich beim Editieren auf bestimmte Parameter konzentrieren möchtest. 

Prog 002 „Super Pad“ hatte es mir ohnehin angetan, eignet sich dieser Klang doch auch gut als Stab-Sound mit dubbigen Delays. Hierfür kannst Du auch KingKORG NEO’s Tape Echo besonders gut nutzen. Denn die ausklingenden Echos erfahren, zumindest so wie ich es höre, intern eine sehr gut klingende Filterung (sowohl für Höhen als auch für Bässe), so dass es bei der richtigen Einstellung klingen kann, als würden sich die Echos langsam entfernen. Das passt sehr gut zu einer spacigen Dub-Ästhetik, wie ich sie besonders mag.

Andererseits kannst Du diesen Sound auch noch einmal eindrucksvoller gestalten, wenn Du einen Phaser drauflegst, um etwas Bewegung zu erzeugen. Wenn Du den Sound wiederum layerst und den Phaser nur auf eins der Layer anwendest, entsteht ebenfalls eine interessante Klangvariation. Aber das ist Geschmackssache. Es geht beim Soundprogramming darum, eine gute Einstellugsnuance bzw. einen sogenannten „Sweet Spot“ zu finden, die/der für Deine Ohren genau richtig klingt.

Tuning, Oszillator Types und Detuning

Die Klangerzeugung des  KingKORG NEO heißt eXpanded Modeling Technology (XMT). Sie bietet Dir  138 Oscillator Types, eingeteilt in die Kategorien Analog, DWGS (Digital Waveform Generator System), PCM (samplebasierte Klangerzeugung) und Mic-In, die Du unter dem Display ablesen kannst. So hast Du eine große Palette unterschiedlicher Klänge zur Hand. Der Control-Regler unter dem Oszillator-Display steuert, je nach ausgewähltem Oszillatorklang, nicht immer den gleichen Parameter an. Welcher es jeweils ist, zeigt Dir stets das Hauptdisplay. Wähle mit dem Type-Regler links neben dem Oszillator-Display einen Klang. In den Oscillator-Types 09-16, wo zwei Wellenformen oder Unison-Sounds zum Einsatz kommen, kannst Du mit dem Control-Regler den Parameter „Detuning“ einstellen – damit wird Dein Sound schnell deutlich fetter. Auch in den DWGS Oscillator-Types ist das der Fall, etwa bei 033 Syn Sine. Bei Osc Type 002 Pulse ist es hingegen die Pulsweite (Pulse Width), die Du via Control steuerst.

Aktiviere mehrere Oszillatoren, mische sie zusammen und verstimme sie bei Bedarf noch leicht gegeneinander. Es entstehen sogenannte Schwebungen, die, wie der Name schon sagt, Bewegung und „Vibes“ in Deinen Sound bringen. Mit dem nötigen Fingerspitzengefühl bei der Einstellung bekommst Du schnell überzeugende Ergebnisse. 

Du kannst den KingKORG NEO auch mikrotonal stimmen, etwa um „reine“ Stimmungen oder Tunings aus dem nahen, mittleren oder fernen Osten für Kompositionen nutzen zu können. Gehe hierzu in den globalen Parameterbereich (via Shift + Program). Die Tuning Optionen auf Page g05 heissen „Pure Major“, „Pure Minor“, „Arabic“, „Werckmeister“. Der Parameter-Leitfaden erklärt auch hier die Nutzung der letzten Option „User Key Scale“. Nur wenn diese Option eingestellt ist, kann auf Page g035 ein User Tuning vorgenommen werden. Hierbei kannst Du jede Note einer Oktave in einem Bereich von + 99 bis -99 Cent stimmen. Eingestellte Tunings kannst Du auf Page 06 verschieben, also in Bezug zu einem anderen Grundton setzen, indem Du einen „Scale Key“ verstellst. Diese hilft auch beim Verschieben anderer Skalen auf alternative Grundtöne. Auch die Grundstimmung von 440 Hz kann in Page g01 verstellt werden

Arp Optionen: Trigger, Latch und mehr

Zwar hat KingKORG NEO keinen Step Sequencer integriert, doch hat die Arpeggiator-Sektion durchaus Potenzial, um wie ein solcher zu klingen. Wenn Du auf den Arpeggiator Edit-Pages die Option Arp-Trigger wählst, erscheint im Display eine achtstellige Anzeige, wo Du jeden von maximal acht Steps einzeln deaktivieren kannst, um spezielle, Step Sequencer-artige Rhythmen zu erzeugen. Im Latch-Mode hält der Arp übrigens gespielte Noten dauerhaft, auch wenn Du die Tasten losläßt. Das gibt Dir Freiheiten, an Sounds zu experimentieren. Du kannst so, wie schon angedeutet, etwa auch einen Sound aus einem Pad und einem kurzen Lead-Sound designen, bei dem die Arp-Sektion nur dem Lead zugewiesen ist und die ADSR- Hüllkurven (im KingKORG NEO „EG“ genannt – als Abkürzung für Envelope Generator) für beide Sounds unterschiedlich eingestellt sind. Mit aktivierter Latch-Option werden dann übrigens alle Töne gehalten, also etwa auch jene, die ein Timbre betreffen, das nicht mit dem Arp gespielt wird.

Die Amp- und Filter-Hüllkurven sind generell vielleicht der wichtige Parameter beim Sounddesign überhaupt. Die Release-Zeit R der Amp-Hüllkurve regelt, wie lange es dauert, bis gespielte Klänge ausgeklungen sind. Diesen Wert stellst Du dann für ein Timbre, das von einem schnellen Arp gespielt werden soll, eher kurz ein.

Vocodersounds und Favorites

Bei einem Vocoder moduliert ein Modulatorsignal (typischerweise Sprache) ein Carrier-Signal (meist ein Synth-Sound). Dabei kommen Envelope-Follower (Hüllkurvenverfolger) zum Einsatz, die das Modulatorsignal nachzeichnen und dessen Lautstärkeverlauf auf das Carrier-Signal anwenden. So etwas kann der KingKORG NEO besonders gut. Um Sprache einzusprechen, bietet Dir der KingKORG NEO ein hochwertiges  Mikrofon mit einem langen, stabilen Schwanenhals aus Metall, der sich gut justieren lässt, und das Du an einen XLR-In einstecken und mit einem Gain-Regler einpegeln kannst.

Beachte: Die Option „Mic In“ an einem Oszillator auszuwählen, führt nicht zu Vocoder-Ergebnissen, sondern macht das Mikrofon bzw. das, was an den XLR-In angeschlossen ist, in einem Oszillator hörbar. Stattdessen kannst Du durch Drücken des Vocoder-Buttons fast alle Sounds, die nicht ohnehin bereits mit zwei Timbres arbeiten, zu einem Vocoder Sound machen. Denn dann aktivierst Du in den meisten Fällen die Modulation eines Timbres durch das, was Du in das Mikrofon hereinsprichst. Wenn Du in den Edit Pages für den Vocoder unter „AudioSrc“ statt des Mikrofon-Audio Inputs („Input“) die Option „Timbre B“ als Quelle auswählst, kann allerdings auch ein ganz anderes klangliches Ergebnis herauskommen. In meinen Testversuchen entstand dabei ein Synthesizer-Klang mit einer leicht choralen Ästhetik, der sich gut als Lead oder Pad spielen lässt. Experimentiere auch Du einmal mit den entsprechenden Vocoder Einstellungen in den Parameter Pages, Du findest dort übrigens noch weitere Optionen: Du kannst zum Beispiel auch das modulierende Signal filtern, Formanten verbiegen oder die Reaktionsgeschwindigkeit des Envelope-Followers justieren, um die Vocoder-Klangergebnisse zu verändern.

EQ-Frequenzen

KingKORG NEO hat eine einfache EQ-Sektion mit zwei Reglern „High“ und „Low“, mit denen Du die Lautstärke (Gain) regelst. Im Parameter-Leitfaden kannst Du allerdings nachlesen, dass Du auch noch deren Frequenzen verändern kannst, und zwar von 20-1000 Hz im EQ Low und von 1000-20.000 Hz im EQ High. Voreingestellt waren in meinem KingKORG NEO 315 Hz für den EQ Low und 5600 Hz für den EQ High. Das ist zwar weder eine typische Bass- noch eine typische Höhenfrequenz, bedenke dabei jedoch, dass es sich (zumindest nach meinem Höreindruck) um Shelving-EQs handelt – und zwar um Low-Shelving für den EQ Low und High Shelving für den EQ high.

Das bedeutet: Die Gain-Einstellung des Low EQs beeinflusst auch alle Frequenzen unter der eingestellten Frequenz (also unter 315 Hz für den Low EQ), und beim High EQ auch alle Frequenzen über der eingestellten Frequenz (also über 5600 Hz für den High EQ). Beachte: Diese Einstellung gehört zu den globalen, nicht zu den programmbezogenen Parametern. Änderungen an einem globalen Parameter können sich auch auf den Klang von anderen Programs auswirken.

Ich hoffe, Dir mit diesem Workshop einige gute Tips gegeben zu haben, um das volle Potenzial des KingKORG NEO Synthesizers besser ausnutzen zu können. Ansonsten gilt: Probieren geht über Studieren! Der KingKORG NEO bietet viele Möglichkeiten, gut klingende „Sweet Spots“ beim Editing zu finden. Schau Dir auch das verlinkte Video an, in dem Du einige der hier vorgestellten Tipps nachvollziehen und Beispiele hören kannst.

Zum Produkt:

KingKORG NEO

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