Nachdem wir hier im ersten Workshop zum microKORG 2 den Looper und im zweiten Workshop Sounddesign-Themen behandelt haben, behandelt dieser Teil 3 vor allem den Vocal Processor und en passant die Effekte des microKORG 2.
Effekt-Konzepte in microKORG 2, erster Effekteinsatz
Wie schon das Vorbild, der originale microKORG, verfügt microKORG 2 über ein Kondensator-Schwanenhals-Mikrofon. Dieses steckst Du hinten am Gerät in den mit „Condenser“ beschrifteten 3,5 mm Mini-Stereoklinken-Anschluss ein

Im Gegensatz zum microKORG gibt es bei microKORG 2 keine Vocoder-Settings im „Program Select“-Bereich. Stattdessen findest Du auf der rechten Seite oberhalb des Keyboards Tasten, um den neuen „Vocal Processing“-Bereich sowie Effekte zu aktivieren und einzustellen. Du kannst damit die meisten Sounds auch in Vocoder-Sounds umwandeln oder via Gesang und Vocal Processor andere Synth-Sounds begleiten. Du kannst außerdem direkt auf Effekte für Sounds zugreifen.
Grundsätzlich aktivierst Du einen Effekt, indem Du die Taste „On/Off“ festhältst und dann die zugehörige Taste drückst. Knöpfe Dir also beispielsweise zum warm werden wieder einen INIT PROGRAM vor, wie beim letzten Workshop, und aktiviere nacheinander die Effektbereiche „Mod“, „Delay“ und „Reverb“. Schnell wird aus einem einfachen Sound ein deutlich komplexerer Klang. Die „Mod“-Effekte können Deinen Synth etwas andicken oder mit etwas Bewegung lebendiger machen. Mit „Delays“ sind meist Echos gemeint und „Reverb“ entspricht Hall. Nach dem ersten Anschalten hörst Du hier Standard-Einstellungen, die Du natürlich ändern kannst.


Das Drücken einer solchen Taste ohne festgehaltene „On/Off“-Taste bringt die zugehörigen Einstellungen des Effekts auf das Display – die zugehörige Taste leuchtet dabei langsam pulsierend auf, sie „atmet“ gewissermaßen. Drücke also z. B. „Reverb“, um auf die Hall-Einstellungen zuzugreifen. Ein langes Drücken der Tasten aus den „Vocal Processor“- und Effektbereichen führt noch zu (zwei) weiteren Bildschirmen: Drückst Du eine der Tasten „Mod“, „Delay“ oder „Reverb“ lange, landest Du auf der „Effects Routing“-Page. Drückst Du eine der Tasten „Vocoder“, „Hard Tune“ oder „Harmonizer“ lange, gelangst Du zu den Vocal Settings. Du kannst die Effekte „Mod“, „Delay“ und „Reverb“ sowie rechts davon den EQ gleichzeitig miteinander nutzen. Im „Vocal Processor“-Bereich kannst Du entweder den Vocoder ODER Hard Tune und Harmonizer nutzen, letztere auch gemeinsam.
Wo ist das Mic zu hören?
Beginnen wir erneut mit einem INIT PROGRAM. Schließen wir unser Mic an und sprechen hinein und spielen ein paar Noten. Sowohl die gespielten Noten als auch das, was ins Mikro gesprochen wird, bleibt zu hören – und klingt knochentrocken. Denn bislang sind keine Effekte aktiv. Wir hören das Mikro, weil der Mikrofon-Sound auch ohne aktiven Vocal-Processor an den Ausgang geleitet wird. Das lässt sich im Edit-Bereich rechts (erreichbar über die oberste Taste ganz rechts bei „Global“, „Control“, „Mic“ etc.) unter dem Eintrag „Mic“ justieren.

Mit Hilfe einer „Gate“-Funktion und erhöhtem Gate-Threshold ist alternativ nur dann etwas zu hören, wenn der Pegel oberhalb dem eingestellten Schwellenwert (= engl. Threshold) bleibt. Voreingestellt steht dieser auf „0“, so dass fast immer etwas ausgegeben wird, wenn man in das Mikro hineinspricht – auch wenn der „Vocal Processor“-Bereich ausgeschaltet ist. Mit einem HPF Filter kann man auch etwas Bass aus dem Mikrofonklang herausfiltern (hierzu dreht man den gelben Regler auf).
Aktivieren wir nun wieder die Tasten „Mod“, „Delay“ und „Reverb“. Du hörst nun auch Dein Mic durch die Effekte. Das liegt daran, dass auf der Effekt-Routing-Einstellungsseite der Eintrag “Mod“ für Dein Mic eingestellt ist. Das bedeutet, dass es nacheinander durch „Mod“, „Delay“ und „Reverb“ läuft. Alternativ gibt es die weitgehend selbsterklärenden Settings „Delay“, „Reverb“ oder „Bypass“. Diese Einstellungen bzw. Routing-Optionen findest Du hier übrigens auch für die beiden Timbres eines Sounds (mehr hierzu im letzten Workshop).

Vocal Processor: Harmonizer
Aktiviere nun aus dem „Vocal Processor“-Bereich den Harmonizer und singe ein paar Töne ins Mikrofon. Das Ergebnis: Aus Deinem Gesang werden Akkorde!
Das funktioniert auch deshalb, weil in den Vocal Processor Settings das Setting „Scale“ voreingestellt ist. Aus Deinem Gesang werden Dreiklänge aus einer eingestellten Skala. Gelange an die entsprechenden Vocal Settings, indem Du lange auf eine der „Vocal Processor“-Tasten drückst.

Links bei der „braunen“ Einstellung kannst Du zwischen „Scale“ und „Keyboard“ wählen. Schalte nun um auf „Keyboard“ (statt „Scale“). Singe dann ins Mikro und spiele dazu Tasten! Jetzt bestimmen die gespielten Tasten und nicht mehr die eingestellte Skala, wie Eingesungenes korrigiert und welche Harmonien (maximal 2, einstellbar inklusive der Tonhöhe im Harmonizer-Bereich) noch dazu gespielt werden. „Formant“ und „Detune“ im „Harmo A“-Bereich der Harmonizer-Settings bewirken ebenfalls interessante Klangeffekte. Probiere sie aus oder schau Dir das weiter unten verlinkte Video an.


Übrigens:
Im schon oben besprochenen „Edit“-Bereich ganz oben rechts unter dem Eintrag „Mic“ steht die (rot gekennzeichnete Einstellung) „Note Threshold“ voreingestellt auf „0“, so dass aus jedem Signal eine Note entsteht. Drehst Du den Wert hoch, dann kannst Du leise hineinsprechen, ohne dass Noten entstehen – und als Konsequenz die Akkorde nur bei lautem Hineinsprechen hörbar werden! Probiere es aus, stelle „Note Threshold“ danach aber wieder zurück auf „0“. Unter „MIDI Out“ regelst Du übrigens, auf welchem MIDI Kanal entstehende Noten ausgegeben werden. |
Vocal Processor: Hard Tune
Aktiviere nun „Vocal Processor: Hard Tune“ und singe ein paar Töne ins Mikrofon. „Hard Tune“ ist eine Tonhöhenkorrektur in bekanntem Stil. Drücke auf „Hard Tune“, um an die „Hard Tune“-Einstellungen zu gelangen. Wenn die Vocal Settings weiterhin auf „Keyboard“ stehen, wird Deine Mikrofoneingabe auf die via Keyboard gespielte Note korrigiert. Stellst Du die Vocal Settings wieder um auf „Scale“, dann erfolgt die Korrektur wieder entsprechend der eingestellten Skala.

Der Parameter „Delay“ verzögert die Wirkung des Effekts. „Intensity“ regelt, wie stark der Korrektureffekt angewendet wird. „127“ entspricht vollständiger Korrektur, „0“ bedeutet keine Korrektur.
Vocal Processor: Hard Tune + Harmonizer, Praxistipp
Natürlich kann es sinnvoll sein, Hard Tune und Harmonizer gleichzeitig zu benutzen. So kann man z. B. verhindern, dass die eigene Stimme unverändert zusätzlich zum Vocal Processor zu hören ist. Manchmal hat allerdings genau das auch einen Reiz. Die Ungenauigkeit in der Stimme kann, gekoppelt mit korrekt gestimmten Harmonien, interessanter klingen als ohne diese.
Vocal Processor: Vocoder
Ein Vocoder moduliert ein Trägersignal (Carrier) mit einem Modulatorsignal (Modulator). Das geschieht mit Hilfe von Band-Pass-Filtern. Diese analysieren den Modulator (z. B. Deine Stimme) und wenden den gefundenen Lautstärke-Verlauf mit dynamisch verlaufenden und sich anpassenden Hüllkurven (sogenannten „Envelope Followern“) „pro Filter“ auf den Carrier (die Fläche) an. Je mehr Filter zum Einsatz kommen, desto präziser fällt das Ergebnis aus. Deine Stimme scheint dann mit dem Synth-Sound zu erklingen/sprechen. Im Gegensatz dazu klingen die via Harmonizer erzeugten Akkorde tendenziell weniger künstlich bzw. „natürlich“, denn die Zusatztöne entstehen im Harmonizer aus der Originalstimme, nicht aus einem Synth-Sound. Umgekehrt lassen sich via Vocoder sehr gut typische künstliche Klänge erzeugen, etwa Roboter-Stimmen.

Drücke die „Vocoder“-Taste. Auf der ersten Vocoder-Einstellungsseite regelst Du, ob Du Dein Signal noch unverändert direkt hörst (über den braunen Regler „Mic Direct“). Der blaue Regler „Synth D/W (dry/wet)“ entscheidet, ob der Synth-Sound vollständig zum Vocoder-Klang mutiert oder auch noch unabhängig davon hörbar bleibt. „Formant“ beeinflusst hier Formanten des Synth-Sounds. „Resonance“ betont Frequenzen der Bandpassfilter. „E.F. Sens“ regelt die Empfindlichkeit der Hüllkurven, welche das Eingangssignal nachverfolgen. Ein Wert von „0“ repräsentiert maximale Empfindlichkeit. Drehst Du weiter auf, reagieren die Hüllkurven träger. Der Klang wird etwas verschwommener, bis Du schließlich bei der Hold-Einstellung angelangt bist, wo ein bestimmter Klang pro Filter gehalten wird. A propops „pro Filter“: Auf der „Vocoder-Settings“-Page 2/2 kannst Du zusätzlich für jedes Filter die Lautstärke und Panorama einstellen!
In microKORG 2 kannst Du so nun aus fast jedem spielbaren Synth-Sound, der als Carrier herangezogen wird, einen Vocoder-Sound machen. Da die Sounds oft komplex sind und verschiedene Faktoren auf das Ergebnis wirken können, beginne vielleicht wieder mit einem INIT SOUND. Probiere es aber gerne auch mit anderen Sounds aus und schau Dir mein begleitendes Video als Beispiel an. Hierbei hast Du allerdings besonders viele Einstellmöglichkeiten. Du weißt ja nie genau, was in einem Preset voreingestellt ist, und musst eventuell Settings anpassen, um den Sound besser für die Nutzung mit dem Vocoder geeignet zu machen.
